Statistiken, Trends und Maßnahmen

Kennen Sie die „Elbvertiefung“? Also den Newsletter aus der Hamburger Lokalredaktion der ZEIT? Gerade in der aktuellen Corona-Krise ist dessen Berichterstattung für viele Hamburger Leserinnen und Leser ja wichtiger denn je.


Manchmal kann man mit den Analysen und Kommentaren jedoch nicht ganz so zufrieden sein – so wie gestern (22.03.2020).

Um was ging es konkret?

1.  In der täglichen graphischen Darstellung der aktuellen Hamburger Fallzahlen in der Elbvertiefung  wird ausschließlich die absolute Zahl der Infizierten dargestellt. Dass diese Zahl in diesen Tagen stetig weiter nach oben geht, ist zwar traurig, aber auch trivial und so selbstverständlich, dass es eigentlich nicht einmal mehr Newswert hat. 
Was aber sehr wohl aber von Interesse wäre, wäre z.B. der Vergleich der Zunahme heute mit der Zunahme gestern oder vorgestern. Vorgestern waren nach der Statistik beispielsweise weniger Neuinfektionen zu verzeichnen als vorgestern. An solchen Wachstumszahlen – besser noch: an prozentualen Wachstumsraten – und deren Entwicklung  könnte man z.B. erkennen, ob Maßnahmen greifen oder nicht und ob sich irgendwann gar eine Trendumkehr abzeichnet. Würde man dazu noch die Zahl der Menschen berücksichtigen, die eine Infektion bereits überstanden haben und die jetzt vermutlich immun sind, würde dies ein wesentlich aussagefähigeres Bild der Lage in unserer Stadt vermitteln als die alleinige Aufaddition von erfassten Fallzahlen.

2. So richtig und gut die Analyse der Dunkelziffern-Problematik durch Redakteurin Nike Heinen ist, so plakativ und leider auch unzutreffend sind die Ankündigung dieses Artikels und der Vorspann des Textes. Denn weder wird – wie angekündigt – in dem Text der Frage nachgegangen, ob Peter Tschenscher recht hat mit der Feststellung, dass die Dunkelziffern in Hamburg niedriger seien als in anderen Regionen (und schon gar nicht wird diese Aussage widerlegt), noch wird analysiert, ob „die Behörden den Anschluss verloren“ haben. Dem uninformierten Leser, der den Artikel von Frau Heinen vielleicht auch gar nicht erst liest, wird damit suggeriert, dass staatliche Stellen im Zusammenhang mit Corona unzureichend oder unangemessen urteilen und agieren. Die Belege hierfür bleibt die Elbvertiefung dann leider schuldig.


Ich finde, dass gerade in Tagen wie diesen die journalistische Berichterstattung mehr denn je dazu beitragen sollte, Unsicherheiten durch Aufklärung zu begegnen, anstatt durch unterschwellige Suggestion und Effekthascherei zusätzlich zu den sowieso schon (begründet!) vorhandenen auch noch weitere unbegründete Ängste und Zweifel zu säen. In diesem Sinne würde es der Hamburger ZEIT-Redaktion gut zu Gesicht stehen, wenn sie sich z.B. damit auseinandersetzen würde, wie eine sinnvolle und aussagekräftige Statistik zum Verlauf der Corona-Pandemie gestaltet werden müsste. Und wenn sie nicht unterschwellig-suggestiv, am Ende aber leider unbelegt, Kritik an Senats- und Behördenhandeln üben, sondern konstruktiv an der Stabilisierung der angespannten Situation in unserer Stadt mitarbeiten würde.