Politiker-Bashing

In einer vor einigen Tagen veröffentlichten repräsentativen Umfrage ging es um das Ansehen von verschiedenen Berufsgruppen in den Augen der Bevölkerung. Auf den beiden letzten Plätzen landeten, wie es wohl jeder aufmerksame Zeitgenosse nicht anders erwartet hätte und wie es bei gleichartigen Umfragen in den vergangenen Jahren stets der Fall gewesen ist, Banker und Politiker.

Klar, Banker werden spätestens seit der Finanzkrise 2008 in einem Atemzug mit Drogendealern, Hühnerdieben und Wegelagerern genannt. Ein Pauschalurteil, über das man (wie über alle Pauschalurteile – Vorurteile, s.u.) natürlich trefflich streiten kann. Immerhin liegt der Anlass mit der Krise aber auf der Hand.

Aber was macht diesen schlechten Ruf der Politiker bei der Bevölkerung aus? Alles in allem geht es unserem Land und unserer Bevölkerung doch unglaublich gut. Der Lebensstandard ist weit höher als in den allermeisten anderen Ländern der Welt. Es gibt seit vielen Jahrzehnten keinen Bürgerkrieg oder Krieg mehr. Wir haben stabile wirtschaftliche, rechtliche und Verwaltungsstrukturen, die jedem einzelnen ein individualistisch-liberales Leben nach seiner eigenen Fasson ohne existenzielle Gefahren und Bedrohungen ermöglichen. Ist der schlechte Ruf der Politiker, die dieses Land ja nun einmal regieren, da wirklich gerechtfertigt? Und unabhängig davon: Ist dieser schlechte Ruf möglicherweise die zentrale Ursache für die tendenziell schlechten Wahlbeteiligungen und manches – nun ja: merkwürdige Wahlergebnis? Nicht nur interessante Fragen, sondern, falls Letzteres zutreffend ist, auch wirklich wichtige Fragen für unsere Gesellschaft, unser Land und letztlich für jeden einzelnen von uns.

Ich nehme als konkrete Vorwürfe gegen Politiker in der öffentlichen Debatte, in den Medien oder im persönlichen Gespräch wahr: Die Politiker machen sich doch immer nur selbst die Taschen voll. Denen ist doch nur an ihrem eigenen Amt und ihrer Wiederwahl gelegen, die Sorgen der Bevölkerung interessieren sie nicht wirklich. Sie vertreten nur die Interessen der großen Konzerne und kümmern sich nicht um den kleinen Mann (oder die kleine Frau). Sie halten nach der Wahl nicht das, was sie vor der Wahl versprochen haben. Sie streiten auch dann noch mit dem politischen Gegner, wenn die Situation jetzt eigentlich auch mal schnelles, gemeinsames und entschlossenes Handeln erfordert. Sie sind eigentlich nicht kompetent für ihren Beruf, denn sie sitzen im politischen Elfenbeinturm und führen akademische Debatten über Dinge, die sie selbst noch nie kennengelernt haben.

Ich glaube, dass diese Vorwürfe allesamt nichts weiter als Vorurteile sind, die, einmal in der Welt, von vielen Menschen aus unterschiedlichsten Gründen gerne hergenommen werden, um ihre persönliche Unzufriedenheit mit der einen oder anderen politischen Entscheidung auszudrücken. Und weil die Welt der Politik nun mal so vielfältig ist und es täglich so viele Entscheidungen gibt, mit denen der eine oder andere immer unzufrieden ist, gibt es so viele Situationen, um seine Vorurteile auszudrücken, dass diese Kakophonie der Vorwürfe von den allermeisten Menschen als ein einheitliches Schimpfen auf die Arbeit der Politiker und die Ergebnisse von Politik vernommen wird und dies in der Konsequenz in der vielzitierten Politikverdrossenheit mündet.

Meine Überzeugung, dass es sich um ungerechtfertigte Vorurteile handelt, möchte ich in den kommenden Beiträgen gerne an einzelnen der oben genannten Aspekte näher erläutern. Ich habe keine Ergebnisse empirischer Erhebungen an der Hand, aber eine Menge persönliche Erfahrungen und ein bisschen logisch-analytischen Verstand, die ich in den Ring werfen kann. Und ich bin überzeugt, dass Ihr am Ende mit mir der Meinung sein werdet, dass „der Politiker“ ganz so schlecht wie sein Ruf doch nicht ist.

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