Deficit Spending – modern wie nie

Jeder Student der VWL lernt im ersten, spätestens zweiten Semester, dass es makroökonomische Krisensituationen gibt, in denen Geldpolitik – also die Veränderung der Geldmenge durch die Zentralbank – das geeignete Gegenmittel ist, und andere Situationen, in denen die Fiskalpolitik – also die Veränderung der staatlichen Einnahmen und Ausgaben – dies ist. Insbesondere dann, wenn Bürger und Unternehmen eines Landes die Ertragschancen von Investitionen gering und die damit verbundenen Risiken für sehr hoch halten, werden expansive geldpolitische Maßnahmen kaum bis gar nicht stimulierend auf die Wirtschaft wirken. In solchen Situationen, in denen immer mehr Geld in der Wirtschaft trotzdem nicht mehr zu mehr Nachfrage führt, muss der Staat über die Ausweitung seiner Nachfrage die notwendigen wirtschaftlichen Impulse liefern. Und das gilt unter allen Umständen auch dann, wenn dies möglicherweise wieder zu höheren Defiziten in den öffentlichen Haushalten führt. Daher ist die Fiskalpolitik, die unter der Ägide von Wolfgang Schäuble und Angela Merkel zur Zeit in Deutschland betrieben wird und die sich im Wesentlichen an der „Schwarzen Null“ orientiert, grundfalsch und muss unbedingt zu Gunsten einer am Wirtschaftswachstum des Euroraumes orientierten, expansiven Fiskalpolitik geändert werden. Nur damit würde man übrigens, das sei am Rande vermerkt, auch den Druck von der EZB nehmen, mit immer abenteuerlicheren expansiven Maßnahmen auch noch das letzte Quäntchen an Wachstumsimpulsen aus der an sich schon fast wirkungslosen Geldpolitik herauszuquetschen. Die Abwehr spekulativer Attacken auf den Euro über die unbedingte expansive Geldpolitik wäre ebenfalls nicht mehr notwendig, weil in solche Attacken gegen einen prosperierenden Währungsraum ohnehin keine Chancen hätten.
Es ist wohl eine der größten Kröten, die die SPD als Juniorpartner in der großen Koalition schlucken muss, dass sie diese grundlegend falsche, dem Wohlergehen der Wirtschaft abträgliche, damit zutiefst unsoziale und im Ergebnis sogar die demokratischen Institutionen in Deutschland und in der EU gefährdende Fiskalpolitik mitträgt.
Zähneknirschend. Aber was will man machen…? Wohl nur dies:
Wir dürfen als Sozialdemokraten nicht aufhören, auf diese Zusammenhänge hinzuweisen, für unsere Argumente zu werben und als „Opposition in der Regierung“ zu versuchen, soviel Druck auf den Seniorpartner aufzubauen, dass dieser endlich aufhört, sich an einfachen, kurzfristigen und nationalen Zielen zu orientieren, und statt dessen einer Politik zustimmt, die das gemeinsame Wohlergehen aller Menschen in der EU zum Ziel hat. Hierfür können Verbündete wie der IWF sehr helfen – auch, wenn dort manchmal die rechte Hand nicht so recht wissen will, was die linke gerade tut: http://makronom.de/die-doppelmoral-des-iwf-16357?utm_campaign=shareaholic&utm_medium=facebook&utm_source=socialnetwork